Mittwoch, 27. Februar 2008

Überlebt!

Jetzt muss ich doch nochmal ein kurzes Lebenszeichen geben. Ich weiß nicht, wie weit das durchgedrungen ist (Spiegel Online, BBC), aber gestern abend gab's hier ein Erdbeben, sogar mit Stärke 5,3 und ich habe es ohne körperliche oder geistige Schäden überlebt.

Ein ganz interessantes Erlebnis: als sich das Wasser in der Flasche neben meinem Bett bewegte, dachte ich noch an nichts besonderes. Das macht es nämlich immer, wenn jemand irgendwo im Haus eine Tür zufallen lässt. Als dann aber mein Bett kurz schwankte, kamen mir doch leichte Zweifel

Heute morgen habe ich dann erfahren, dass das tatsächlich ein Erdbeben war. Scheint aber nichts größeres passiert zu sein, außer ein paar umgefallenen Schornsteinen. Die Stadt sah ganz genau so aus wie gestern.

Das gibt mir endlich auch die Gelegenheit, ein Vorher-Nachher-Bild der Alan Road loszuwerden (nur ein Bild, weil es nach dem Erdbeben noch genauso aussieht wie vorher). Und wer mich bzw. meine Australien-Bilder kennt, weiß, dass der Sonnenuntergang nicht fehlen darf.

Alan Road vorher und nachher

Dienstag, 26. Februar 2008

Höflichkeit I: Busfahren

Man sagt ja, dass Engländer immer höflich sind. Das kann ich an diversen Beobachtungen bestätigen, also nun der erste Teil einer sicherlich langen Serie. “Höflichkeit I: Busfahren”.

Das fängt schon bei der Beschilderung an. Da steht nämlich nicht unpersönlich “Dienstfahrt” oder befehlend wie bei der Deutschen Bahn “Nicht einsteigen” dran - nein, es heißt “Sorry – Not In Service”. Man beachte die Reihenfolge: zuerst die Entschuldigung, dann ein freundliches “Nicht in Dienst”. Und wenn auf der kleinen Anzeige an der Seite kein Platz für zwei Zeilen Text ist, dann wird eben abgewechselnd “Sorry” und “Not in Service” angezeigt. So viel Höflichkeit muss hier sein, auch wenn der Bus dann jeweils für ein paar Sekunden nach “000 Sorry” zu fahren scheint.

Busfahrer sind hier auch nicht überwiegend sondern fast ausnahmslos freundlich, während ich den Eindruck habe, in Deutschland ist es genau umgekehrt. Es gibt hier verschiedene Busgesellschaften, die ihre Tickets nicht gegenseitig anerkennen; sehr “inconvenient”, ist aber so – dazu muss ich demnächst auch noch etwas schreiben. Ich bin also natürlich mit einem Ticket in den falschen Bus eingestiegen. Der Busfahrer hat mich dann (der Satz begann natürlich mit “Sorry”) darauf hingewiesen, dass das nicht ginge. Ich krame also innerlich grummelnd (Ich kann meine Herkunft eben noch nicht ganz verleugnen) exakt die geforderte Summe aus meinem Geldbeutel, aber statt die Münzen (70p, also 90ct.) ebenso grummelnd zu nehmen (und dabei “Blöder Ausländer/Tourist/...” zu denken), schaut er in den Rückspiegel und meint, ich solle doch den Bus nehmen, der gerade hinter uns ankommt, da gelte mein Ticket. Also sammle ich völlig perplex mein gespartes Geld wieder ein und steige um.

Aber die Höflichkeit gibt es auch auf der anderen Seite. Busse haben hier nur eine Tür, so dass man zwangsläufig beim Aussteigen beim Fahrer vorbeikommt. Die Engländer stehen nunmal gerne Schlange, da braucht man keinen Platz für eine zweite Tür verschwenden. Und was macht der Engländer, wenn er endlich vorne angekommen ist und aussteigen darf? Er bedankt sich freundlich beim Fahrer – und zwar macht das ausnahmslos jeder! Also einschließlich der verzogenen Jugend und betrunkener Studenten. Dafür wird auch mal der Redefluss beim Gespräch oder beim Telefonieren unterbrochen, man hat ja Benehmen gelernt. Also habe ich mir auch angewöhnt, beim Aussteigen kurz nach rechts (ja, Linksverkehr!) zu schauen und je nach meinen Vorrednern – man will ja ein bisschen Variation – ein kurzes “Thanks”, “Thank you”, “Ta” oder “Cheers” zu sagen. Meistens bekommt man dann ein “See you”, “Bye” oder “Alright” zurück und steht fröhlich und zufrieden über diese kurze Konversation mit einem als Menschen empfundenen Busfahrer draußen.

Diese gute Laune wird einem dann des Öfteren von leichten Niederschlägen wieder auf ein durchschnittliches Maß zurückgesetzt, aber insgesamt betrachtet macht Busfahren hier bedeutend mehr Spaß.

Montag, 18. Februar 2008

Piled Higher and Deeper

Ich weiß, das ist keine echte Entschuldigung, dass ich noch nichts geschrieben habe, aber ich war sowohl beschäftigt als auch faul. Also fange ich mal an, und erzähle Euch etwas über Promotion in England soweit ich bis jetzt herausgefunden habe. Das geht hier nämlich völlig anders als in Deutschland.

Es fängt damit an, dass man Student ist. Als solcher muss man entweder heftige Studiengebühren (Home-Fee für UK/EU aktuell £3.320 = 4.468 €, das vierfache für den Rest der Welt) zahlen, oder ein Stipendium dafür haben. Ich habe noch ein weiteres für mich, mein Essen und meine Miete. Verpflichtungen in der Lehre habe ich dafür keine, auch wenn es gerne gesehen ist, dass man "demonstrator duties" übernimmt, für die man dann aber nochmal extra Geld bekommt.

Das ganze PhD-Programm ist ziemlich straff organisiert, zumindest von den Rahmenbedingungen. Ich habe exakt drei Jahre Zeit, also bis zum 31.12.2011, währenddessen muss ich im ersten Jahr einen Zwischenbericht abliefern – wenn der nichts gescheites ist, bekomme ich stattdessen einen MPhil und darf gehen.

Auf der anderen Seite gibt es aber eine ganze Menge guter Betreuung. Ich habe einen Supervisor und eine Co-Supervisorin, mit denen ich über das Fachliche rede, einen Advisor, mit dem ich allgemeiner reden kann und dann gibt es noch studentische Mentoren. Ich musste einen zweitägigen Workshop "Introduction to Research (Speed PhD)" machen, in dem man gesagt bekommt, was es sonst noch für Formalitäten gibt und worauf man achten muss.

Da ich in einen Postgraduate-Research-Programm bin, habe ich keine Vorlesungen außer einem zweistündigen Seminar "Academic Writing". Teilweise sehr unterhaltsam und nützlich, da bekommt man explizit und in Anekdoten erzählt, z. B. wie das mit Paper-Schreiben läuft. Wer ist der Erstautor, wer steht überhaupt als Autor drauf, wie finde ich eine passende Konferenz oder ein Journal, wie schreibe ich ein Review. Also kein Sprung ins kalte Wasser, wenn man sowas tatsächlich mal machen muss.

Das Ende ist auch interessant. Man schreibt seine Dissertation und die wird von zwei Leuten bewertet, die nicht die die Promotion betreuenden sind. Eine Person ist an der Fakultät, die andere kommt von Extern. Die lesen auch nur die Diss und am Ende muss man sie in einer "Viva" genannten Prüfung unter sechs Augen verteidigen.

Es scheint hier außer gemeinsamem Sekttrinken nach der Viva aber keine Rituale wie Hut oder Doktorwagen zu geben. Zumindest bezüglich dieser Traditionen und dem Feiern ist Deutschland besser organisiert. Ob das insgesamt hier alles so unglaublich viel besser oder schlechter ist, muss ich noch herausfinden. Man hat auf jeden Fall genügend Freiheiten, denn abgesehen von oben erwähnten Verpflichtungen ist es ziemlich egal was und wie ich es mache.

Also bis jetzt wenig PhD-Comics-artig, frustfrei und interessant. Mir gefällt's, aber ich habe ja hier einen Platz, wo ich den Frust abladen kann, wenn sich welcher ansammeln sollte.

Beim nächsten Mal werde ich dann aber tatsächlich ein paar Dinge über komische Engländer erzählen.